Interview mit Joel Michel, Präsident & Programmchef von Sound am See

"Alle Musikbegeisterte sollen jedes Jahr neue, coole Banks entdecken können."


Die Konzertreihe "Sound am See" wurde 2016 gegründet. Joel Michel ist schon seit dem Anfang mit ganz viel Herzblut und Engagement dabei. Seit 2019 ist das siebenköpfige junge Obwaldner Team als Verein organisiert.  

 

Der Name ist Programm! Am schönen Ufer des Sarnersees neben der "Hafenbar" in Sarnen finden imm Sommer (fast) alljährlich zwei Open-Air-Konzerte mit je drei Bands statt.

 


Das Programm von Sound am See 2021

Joel Michel: Wie ist "Sound am See" entstanden? Kam die Idee in einer gemütlichen Runde in einer lauen Sommernacht?

 

(lacht) Ganz im Gegenteil! Es war tiefster Winter! Ursprünglich kam Ivan Fluri mit der Idee, mit der Jugendarbeit Sarnen kleine Konzerte im Sarner Seefeld zu organisieren. Wir spielten gemeinsam in einer Band und ausserhalb von Musikschub-Auftritten gab es fast keine Aufrittsmöglichkeiten. So beschlossen wir kurzerhand, eigene Konzerte zu organisieren, damit wir und andere junge Musikant*innen auftreten können.

 

 

 

Gute Stimmung am Sound am See

Was macht das "Sound am See" so besonders? Warum soll ich da hin?

 

Wir möchten mit unseren Konzerten einen möglichst einfachen und unkomplizierten Zugang zur zeitgenössischen Musik bieten. Wir konzentrieren uns auf Zentralschweizer Acts und alle Musikbegeisterte sollen jedes Jahr neue, coole Bands für sich entdecken können. Mit der Musik, unserer Holzbühne, den gemütlichen Sitzlounges, der Beleuchtung und der Dekoration möchten wir ein gemütliches, einladendes und heimeliges Konzerterlebnis bieten. Je nach Band, die gerade spielt, kommt schon beinahe ein mediterranes Flair auf (lacht).

 

Da es für die Besucherinnen und Besuchern möglichst unkompliziert sein soll, verlangen wir keinen Eintritt und es gibt auch kein abgestecktes Konzertgelände. Man kann kommen und gehen, wie man will und wenn die Musik nicht gefällt, kann man schnell in den See hüpfen oder eine Runde Minigolfen, um dann der nächsten Band wieder zuzuhören. Und wenn es einem gefällt, kann man ein "Nöltli" in unsere berühmte Milchkanne geben, mit welcher wir die Kollekte sammeln.

 

 

Die neue Bühne von Sound am See

Herzlichen Glückwunsch zu Eurer neuen Holzbühne! Diese konnte dank Crowdfunding realisiert werden. Wie kann man Euch sonst noch untersützen?

 

Danke Dir! Am meisten ist uns eigentlich geholfen, wenn Du mit Deiner Familie oder Deinem Freundeskreis an die Konzerte kommst, eine schöne Zeit hast und allen bei jeder Gelegenheit erzählst, wie schön unsere Konzerte doch sind (lacht). 

 

Daneben sind wir natürlich froh um ein Sponsoring oder finanzielle Unterstützung, da die Konzerte jedes Jahr auf's Neue kosten und finanziert werden müssen. Und falls jemand ganz motiviert sein sollte, kann man sich gerne bei uns melden. Während des Jahres und den Konzerten gibt es immer genug zu tun.

 

Schlussendlich können wir die Konzerte ja nur durchführen, weil immer viele ehrenamtliche Helfer*innen dafür sorgen, dass am Schluss alles reibungslos funktioniert.

 

  

Das Team von Sound am See

Welche weiteren Ziele und Wünsche habt ihr?

 

Ich kann da wahrscheinlich nicht für alle sprechen. Aber zumindest ich bin froh, wenn wir die Grösse und die Qualität der Konzerte, welche wir uns in den letzten Jahren erarbeitet haben, beibehalten können und so zu einer festen Grösse im Obwaldner Kulturkalender werden können. 

 

Die meisten im Verein sind irgendwo in der Schweiz am studieren oder arbeiten. Wenn wir es trotz dieser Streuung schaffen, die nächsten Jahren die Konzerte weiterhin durch zu führen und so mit Obwalden verbunden zu bleiben, dann bin ich eigentlich schon ganz glücklich.

 

 


"Durch Musik können Grenzen überwunden und Menschen zusammen gebracht werden."


Joel Michel, Präsident und Programmchef von Sound am See

Welche Interview-Frage wolltest Du schon immer gestellt bekommen und beantworten?

 

Wieso organisierst Du kulturelle Veranstaltungen, Konzerte und wieso studierst Du sogar Kultur (bzw. Kulturwissenschaften)?

 

Meiner Ansicht nach hat die gesamte Kultur-Branche eine sehr wichtige, aber unterschätzte, Stellung in unserer Gesellschaft. Musik, Literatur, Lesungen, Theatervorstellungen oder Museumsbesuche wird von vielen bloss konsumiert oder zur Entspannung benutzt.

 

Jedoch können wir durch Konzerte, Lesungen, Theatervorstellungen oder Museumsbesuche extrem viel über uns selbst, unsere Gesellschaft und unsere Geschichte lernen. Und ich glaube, dass gerade durch Musik Grenzen überwunden und Menschen zusammengebracht werden können. Konzerthäuser, Museen, Kulturlokale oder Theatersäle sind ja immer auch Begegnungsorte, wo die verschiedensten Menschen mit den verschiedensten Hintergründen zusammen treffen können. Wo finden diese so wichtigen Begegnungen noch statt? Am Arbeitsplatz wohl kaum.

 

Die Politik polarisiert leider auch immer mehr und auch Religionen haben für viele an Anziehungskraft verloren. Ich bin da wahrscheinlich noch sehr idealistisch, aber ich glaube fest daran, mit meinen Projekten, Konzerten und Veranstaltungen irgendwie zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen zu können. Was soll ich auch sonst machen? Handwerklich bin ich überhaupt nicht begabt, Arzt oder Jurist will ich auch nicht werden. Aber irgendwie muss ich ja etwas für die Gesellschaft leisten, oder? Viel bleibt mir nicht mehr übrig, als das zu machen, was ich mache (lacht).

 

 

Ist was Neues geplant?

 

Wir möchten nebst den Konzerten am Sarnersee auch während dem Jahr kleinere Events und Konzerte organisieren. In der Havannabar in Sarnen (beim und mit Muffi's) konnten wir bereits im letzten Herbst ein gemütliches Open-Air-Konzert durchführen, weitere Konzerte mit ihm und den "Teigaffen" von Pastarazzi sind bereits in Planung. Falls jemand mit einem eigenen Konzertlokal oder Restaurant das lesen sollte: Wir sind offen für Zusammenarbeiten! (Zwinkersmiley).

 

Wie findet ihr die Bands? Welche Stil-Richtungen sucht ihr? Oder umgekehrt, wenn eine Band am "Sound am See" spielen möchte, welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

 

Wenn nicht gerade verboten, bin ich sicherlich ein bis zwei Mal in der Woche an irgendwelchen Konzerten unterwegs, beispielsweise in Obwalden, im Chäslager in Stans oder auch in Luzern. Wenn mir eine Band gefällt, dann frage ich sie meistens ganz frech nach dem Auftritt, ob sie Mal Zeit und Lust hätten, bei uns aufzutreten. So kommen eigentlich die meisten Bands zu uns. 

 

Auch durch Freunde und Bekannte bekommen wir immer wieder Tipps und Empfehlungen für coole Live-Bands. Auf jeden Fall hören wir uns alle Bands an, welche uns anschreiben.

 

Einmal hat uns auch eine 7-köpfige Formation angeschrieben, welche eine hohe Gage, Übernachtung und ein exklusives Catering gewünscht hat. Obwohl die Band supercool war, mussten wir ihr absagen, weil wir ihre Anforderungen leider nicht erfüllen konnten (lacht). Die Musik sollte auf jeden Fall einigermassen massentauglich sein.  Statt Death-Metal und Technologe, wird man bei uns also eher Funk, Disco, Indie- und Bluesrock, Chansons, Gipsy-Swing oder auch mal Ska und Reggae hören. Aber: Wenn Du uns anschreibst, dann hören wir uns Deine Musik an. Garantiert!

 

 

Sound am See am Sarnersee in Sarnen

Woher nehmt ihr Eure Motivation? Es ja ganz schön viel Arbeit, so etwas auf die Beine zu stellen?

 

Gute Frage! Zumindest bei mir ist es so, dass ich immer mal wieder einen Durchhänger habe und mich dann frage, warum ich genau jede Woche x Stunden in das Projekt investiere. Spätestens bei den Konzerten weiss ich dann aber immer, dass sich die Mühe gelohnt hat.

 

Es ist einfach unglaublich motivierend zu sehen, wie die unterschiedlichsten Menschen einen tollen Abend an dem Konzert verbringen können, welches man selbst organisiert und auf die die Beine gestellt hat. 

 

Viele Menschen - das hat uns spätestens COVID-19 gezeigt, haben ein Bedürfnis nach guter Livemusik und sie schätzen es sehr, eine gemütlichen, zwanglosen Abend am Sarnersee verbringen zu können. Ich glaube, dass wir mit unseren Konzerten eine Lücke füllen und es schaffen, Menschen und Musik zusammen zu bringen, welche sonst nicht den Weg zueinander gefunden hätten. Das würde doch jeden motivieren, oder nicht? (zwinkert)

 

 

Sound am See von oben

Dein persönliches Highlight in all den Jahren "Sound am See" bis jetzt?

 

Ich könnte jetzt nicht einen einzigen Moment als den Besten herauspicken! Die besten Momente sind vielmehr diejenigen, wenn ich an den Konzerten selbst einfach mal etwas entspannen, zuschauen und zuhören kann, was alles so passiert. Wenn ich in diesen ruhigen fünf Minuten mit den Menschen etwas reden kann und mit ihnen die Zeit geniessen kann, dann geht's mir eigentlich ganz gut! (lacht) Diese Momente sauge ich dann regelrecht auf und spüre dann auch nichts mehr von der Anspannung und Nervosität, welche mich leider immer noch (vor allem im Vorfeld) begleitet. 

 

 

Sound am See in Sachseln, 2021

Was war bis jetzt Eure grösste Herausforderung und wie habt ihr sie gemeistert?

 

Das Unwetter in diesem Jahr (2021) war definitiv ein Riesenkrampf! Nicht nur der Platz vor der "Hafenbar" war überflutet, sondern auch unsere Schlecht-Wetter-Alternative (das Eleven) drohte unter Wasser zu stehen. Wir mussten also innerhalb von vier (!) Tagen, die gesamten Konzerte an einen anderen Standort - schlussendlich nach Sachseln - verlegen. Auf jeden Fall wäre ich froh, nie mehr so viel in einer Woche telefonieren zu müssen, wie in dieser Woche!

 

Was wünscht Du Dir für "Sound am See"?

 

Das es noch viele weitere Jahre vielen Menschen viele tolle Momente ermöglichen wird!

 

 

Herzlichen Dank, lieber Joel, für das inspirierende Interview und für  die tollen Konzerte am "Sound am See". Dir und Deinen Mithelfen*innen viel Freude, Erfolg und Gesundheit beruflich wie privat. 

 

Für das Interview: Manuela Ming

 

PS: "Sound am See" ist super!

 




Alle Bilder wurden uns freundlicherweise von Joel Michel für das Interview zur Verfügung gestellt. Sie unterstehen dem gültigen Urheberrecht!

 


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